11 Tierforschung zwischen Hightech und Citizen Science

Autorin: Silke Schmidt-Thrö

Drohne, Satellit und Crowd

Dank Hightech werden immer mehr zoologische Untersuchungen möglich, die lang als undurchführbar galten. Zum Beispiel lassen sich große Datenmengen über Tiere sammeln und anschließend als Frühwarnsystem für Naturkatastrophen oder zur Gesundheitsüberwachung von Nutztieren nutzen. Drohnen werden beim Schützen seltener Arten eingesetzt oder um Tiere in schwer zugänglichen Gebieten zu erforschen – Pinguine in der Antarktis etwa oder Wale im Meer. Beim Projekt ICARUS, dessen Ziel eine umfassende Erdbeobachtung mit Hilfe von Tieren ist, versehen Forscher*innen Tiere mit Minisendern – vor allem um herauszufinden, wie sie wandern. Die Empfangsantenne dazu befindet sich auf der Internationalen Raumstation, ISS.

Was bringen die Bürgerwissenschaften?

In der zoologischen Forschung passiert es aber auch immer wieder, dass neue Techniken alten Methoden zu neuer Konjunktur verhelfen – wie etwa im Fall der Bioakustik. Nicht immer sind dann übrigens hochspezialisierte Professor*innen am Werk. Mitforschen kann man nämlich auch ohne Biostudium, als „Bürgerwissenschaftler*in“. Was motiviert solche interessierten Laien? Wie blicken die „echten Wissenschaftler“ auf sie? Und für welche Studien braucht es das Bürgerengagement am dringendsten?

Inzwischen kommt der Bürgerwissenschaft sogar eine politische Dimension zu. Viele, die meinen, dass die gesellschaftlichen Akteure zu wenig für die Umwelt tun, steuern dagegen, indem sie sich als Bürgerwissenschaftler*innen engagieren. Und Forscherinnen selbst sagen: Eine Förderung der Bürgerwissenschaften könnte hervorragend zu einer breiter verankerten, besser verstandenen, freieren und leichter zugänglichen Wissenschaftslandschaft führen.

Folge 11 anhören:

Sendung in hr-iNFO: 06.03.2021, 11:30 Uhr

Gesprächspartner*innen dieser Folge

  • Prof. Dr. Aletta Bonn, Forschungsgruppenleiterin Ökosystemleistungen, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leipzig, und Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • Emily, Schülerin, Nidderau
  • Prof. em. Dr. Peter Finke, Wissenschaftstheoretiker, Universität Bielefeld
  • Reinhard Geppert, Bürgerforscher (Citizen Scientist), Rodgau
  • Felix Hulbert, Bürgerforscher (Citizen Scientist), Eltville
  • Dr. Martin Jansen, Herpetologe, Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum, Frankfurt am Main
  • Marie-Charlott Rümmler, Ökologin, ThINK – Thüringer Institut für Nachhaltigkeit und Klimaschutz GmbH
  • Prof. Dr. Martin Wikelski, Verhaltensbiologe und Ornithologe, Universität Konstanz und Direktor des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie, Konstanz und Radolfzell

Zusatzmaterial

  1. Vogelzug
  2. Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie
  3. Schwarmintelligenz
  4. Indikatorarten
  5. Das Projekt WildLIVE!
  6. Citizen Science: Das Netzwerk Heuschrecken Hessen

1. Vogelzug

Der Begriff „Vogelzug“ steht für die gerichteten Wanderungen von Vögeln zwischen ihren Brutgebieten und Ruhequartieren. In Deutschland finden diese Zugbewegungen im Frühjahr (Richtung Norden) und Herbst (Richtung Süden) statt, sie werden daher Frühjahrs- und Herbstzug genannt. Da den Vögeln ihr Zugverhalten angeboren ist, ziehen auch schon Jungvögel.
In einigen Ländern werden Vögel während des Zuges auf ihren Routen gefangen und als Delikatesse verkauft. Darunter können sich auch Arten befinden, die in Deutschland geschützt sind.
Seit einigen Jahren beobachten Ornithologen Veränderungen in den Zugbewegungen der Vögel. So führen wärmere Winter dazu, dass manche Vögel von ihrer Überwinterungsreise nach Süden früher zurückkommen oder sie gar nicht mehr antreten.
Im Jahr 2020 wurde beobachtet, dass Vögel ihren Herbstzug außergewöhnlich früh starteten. Über die Gründe dafür kann man nur spekulieren. Das könnte mit dem trocken-warmen Klima des zurückliegenden Jahres und damit einhergehendem Nahrungsmangel zusammenhängen – aber auch einfach mit einer guten Witterung zum Fliegen.

https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/vogelzug/13844
https://www.br.de/wissen/zugvoegel-vogelzug-vogelfang-100.html
https://www.mdr.de/nachrichten/panorama/zugvoegel-frueher-gestartet-waermster-september-100.html

Auch „Terra X“ beschäftigt sich in einem Videobeitrag mit diesem Thema.

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2. Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie

Das Max-Planck-Institut (MPI) für Verhaltensbiologie in Radolfzell am Bodensee ist ein Institut der Max-Planck-Gesellschaft. Sie zählt zu den weltweit führenden außeruniversitären Forschungseinrichtungen und betreibt in Deutschland über 80 Institute. Das MPI für Verhaltensbiologie konzentriert sich auf vier Schwerpunkte: kognitive und kulturelle Ökologie, das Kollektivverhalten von Tieren, die Ökologie von Tiergesellschaften sowie Tierwanderungen.
Das Institut gibt als Vision an: „[Wir wollen] die Entscheidungsfindung von Tieren in ihrer natürlichen Umwelt […] verstehen und vorher[…]sagen.“ .


https://www.ab.mpg.de/verhaltensbiologie
https://www.ab.mpg.de/288359/vision-mission-statement

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3. Schwarmintelligenz

Der Begriff Schwarmintelligenz, auch kollektive Intelligenz genannt, bezeichnet die Beobachtung, dass Gruppen von kooperierenden Individuen bessere Entscheidungen treffen als einzelne Tiere. Dieses Phänomen findet sich erstaunlich oft im Tierreich. Bekannte Beispiele gibt es bei Insekten wie Ameisen (siehe Zusatzmaterial Folge 7) oder Bienen, Vögeln und Fischen. Da Schwarmintelligenz Weisheit und Innovation verspricht, wollen Wissenschaftler sie für neue Technologien nutzbar machen.

https://www.weltderwunder.de/artikel/schwarmintelligenz-gebuendelte-kraefte-im-ueberlebenskampf

Was genau Schwarmintelligenz ausmacht, wieso und wo sie auftritt und was Probleme der Schwarmintelligenz sind, erklärt der Kanal „MaxPlanckSociety“ in einem Video.

Im Video wird darauf hingewiesen, dass Schwarmintelligenz beim Menschen durchaus auch in „Schwarmdummheit“ umschlagen kann. Das passiert zum Beispiel, wenn Angleichung durch soziale Prozesse zum Verlust vielfältiger individueller Lösungen führt.

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4. Indikatorarten

Indikatorarten, auch Zeigerarten genannt, sollen Menschen bei der Bewertung von Lebensräumen oder Umweltfaktoren helfen. Es handelt sich daher entweder um Organismen, die typisch für einen Lebensraum sind und ihn dadurch charakterisieren, oder die besonders sensitiv auf Veränderungen der Umwelt reagieren. Durch das Zusammenspiel verschiedener Indikatorarten kann so eine Aussage über den Zustand eines Lebensraumes gemacht werden.
Ein Beispiel ist der gegenwärtig einzige auf Organismen basierende Indikator, der dem DIN-Standard genügt: der Saprobienindex zur Beurteilung der Gewässergüte. Hierbei wird der Zustand eines Gewässers durch die Anwesenheit und Anzahl verschiedener Indikatorarten (darunter bestimmte Krebstiere, Muscheln, Schnecken und Fliegenlarven) bestimmt.

https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/indikatororganismen/33945
https://www.bfn.de/themen/monitoring/indikatoren/indikator-artenvielfalt-und-landschaftsqualitaet.html
https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/saprobienindex/58535

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5. Das Projekt WildLIVE!

Bei dem Projekt „WildLIVE!“ der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung handelt es sich um eine konkrete Form der Bürgerwissenschaft. Freiwillige können nach Anmeldung auf der Webseite Fotos von Tieren, die in regelmäßigen Abständen mit automatischen Kameras gemacht wurden, ansehen, die Tiere darauf markieren und identifizieren. Damit unterstützen sie die Wissenschaftler bei der Auswertung eines riesigen Datensatzes und tragen so ihren Teil zur Forschung bei.

https://www.senckenberg.de/de/engagement/buergerwissenschaften/wild-live-bolivien/

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6. Citizen Science: Das Netzwerk Heuschrecken Hessen

Die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) möchte gemeinsam mit dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) die Heuschrecken Hessens besser erfassen. Denn „durch ihre relativ große Artenzahl, gut bekannte ökologische Ansprüche und das Vorkommen in allen Lebensräumen, vor allem aber die relativ geringe Mobilität vieler Arten, sind sie zur Beurteilung der Veränderungen unserer Umwelt besonders gut geeignet“.
Dabei setzt das Netzwerk „Heuschrecken Hessen“ auf Citizen Science, also die Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern bei wissenschaftlichen Vorhaben. Interessierte Fachkundige sowie Laien sind dazu aufgerufen, die bei ihnen vorkommenden Heuschreckenarten zu bestimmen und diese Informationen zu teilen. Auf diesem Weg soll sowohl ein Verbreitungsatlas erstellt werden als auch eine Überarbeitung der Roten Liste der hessischen Heuschrecken erfolgen.

https://www.heuschrecken-hessen.de/LagepunkteGMaps.php#:~:text=%20Netzwerk%20Heuschrecken%20Hessen%20%201%20Mit%20Suche,Fl%C3%A4che%20ist%20dann%20als%20vergeben%20markiert%20More%20

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Interessierte Hörerinnen und Hörer finden auf dieser Seite weiterführende Informationen zu den einzelnen Sendungsthemen als Zusatzmaterial.

Die Zusatzmaterialien werden in der Reihenfolge gelistet, in der die Stichworte in der Sendung Erwähnung gefunden haben. Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 04.03.2021 erstellt von:
M.Sc. Biol. Karl Trüller & B.Sc. Biol. Lennart Schulte

Zusatzmaterialien als PDF zum Herunterladen