09 Tiere als Krankheitsüberträger

Autor: Jens Borchers

Corona und das wilde Tier

Medizinisch beschäftigen uns Tiere vor allem in zweierlei Hinsicht: Als Helfer beim Heilen von Krankheiten sowie als Krankheitsüberträger. Letztere – die Tiere, die Krankheiten übertragen – stehen im Mittelpunkt dieser Funkkolleg-Folge, der ersten von zwei Ausgaben mit medizinischem Schwerpunkt.

Die Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden, heißen Zoonosen. Die Vogelgrippe zählt zu ihnen, Tollwut, Maul-und-Klauen-Seuche und auch die Lungenkrankheit Covid19, die seit dem Jahreswechsel 2019/2020 die Welt in Atem hält. Von welchem Tier aus sie auf den Menschen übersprang, ist aktuell zwar noch unklar – Schuppentiere stehen ebenso unter Verdacht wie Schlangen und Marderhunde –, dennoch lässt sich an ihrem Beispiel gut und exemplarisch zeigen, wie Zoonosen erforscht werden.

Was etwa haben Zoonosen mit Umweltveränderungen wie dem Klimawandel und dem Verlust von Lebensräumen zu tun? Und wie werden passende Impfstoffe und Medikamente entwickelt? Aktuell spielen hier noch Versuchstiere eine große Rolle, Rhesusaffen und Mäuse etwa. Erst der Tierversuch, dann der Test am Mensch heißt die Regel.

Sind Tierversuche immer nötig?

In einem Projekt der Universitäten Frankfurt und Gießen wird derzeit nach Alternativen gesucht, um solche Tierversuche auf das unbedingt nötige Maß reduzieren zu können und die Testverfahren darüber hinaus menschenspezifischer zu machen. Wenn es nach den Forscher*innen geht, sollen künftig künstlich gezüchtete Gewebe aus dem Labor die Rolle von Ratte, Maus & Co. übernehmen. Spielen solche modernen, das Tierleid reduzierenden Ansätze auch bei der Corona-Forschung eine Rolle?

Folge 9 anhören:

Sendung in hr-iNFO: 20.02.2021, 11:30 Uhr

Gesprächspartner*innen dieser Folge

  • Prof. Dr. Heribert Hofer, Direktor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung, Berlin
  • Priv. Doz. Dr. Sandra Junglen, Virologin (Schwerpunkt: Ökologie und Evolution der Viren), Charité Berlin
  • Prof. Dr. Stephanie Krämer, Veterinärmedizinerin (Schwerpunkt: Versuchstierkunde und Tierschutz), Justus-Liebig-Universität Gießen
  • Prof. Dr. Thomas Mettenleiter, Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit), Insel Riems
  • Dr. Stefan Prost, Wildtiergenetiker, Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum, Frankfurt am Main

Außerdem zu hören:

  • Angela Merkel, Bundeskanzlerin (CDU)
  • Svenja Schulze, Bundesumweltministerin (SPD)

Zusatzmaterial

  1. Pandemie oder Epidemie?
  2. Steigendes Seuchenpotential
  3. Soziokulturelle Aspekte von Pandemien
  4. Impfstoffe
  5. SARS-CoV-2 allgemeine Informationen
  6. Unterschiede zwischen Krankheitserregern
  7. Podcastempfehlung

1. Pandemie oder Epidemie?

Unter einer Pandemie versteht man „[e]ine neu, aber zeitlich begrenzt in Erscheinung tretende, weltweite starke Ausbreitung einer Infektionskrankheit mit hohen Erkrankungszahlen und in der Regel auch mit schweren Krankheitsverläufen“. Eine Epidemie unterscheidet sich von einer Pandemie durch eine räumlich begrenzte Infektionsausbreitung. Im 20. Jahrhundert wütete neben der Spanischen Grippe (1918/19) auch die weniger bekannte Asiatische Grippe (ab 1957) und deren abgeschwächte Form, die Hongkong Grippe (ab 1968). Jede dieser Pandemien wurde durch eine mutierte Form der Influenza-A Viren verursacht und führte zu Todeszahlen in Millionenhöhe. Das Ende einer Epidemie oder Pandemie bedeutet jedoch nicht, dass auch der Erreger verschwindet. Meist mutiert der Erreger entweder in eine weniger infektiöse (oder tödliche) Form, die Umstände, unter denen er sich ausbreiten konnte, ändern sich oder er kann in Schach gehalten werden.

https://www.rki.de/DE/Content/Service/Publikationen/Fachwoerterbuch_Infektionsschutz.pdf?__blob=publicationFile
https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/so-enden-pandemien/

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2. Steigendes Seuchenpotential

Man geht davon aus, dass zunehmende Kontakte zwischen Wildtieren und Menschen, aber auch Verstädterung und Globalisierung für das seit dem Mittelalter steigende Seuchenpotential ausschlaggebend sind. Die Siedlungsgebiete des Menschen werden immer größer und der Austausch zwischen diesen Gebieten verläuft schneller und über weitere Strecken. Weite Reisen sind heutzutage in nur wenigen Stunden möglich. Krankheiten werden so rascher übertragen und erreichen die verschiedensten Regionen unseres Planeten. Darüber hinaus kommen Menschen mit Krankheiten in Kontakt, an die Ihr Immunsystem nicht angepasst ist, weil diese in ihrer Heimat nicht vorkommen. Ein Beispiel sind die amerikanischen Ureinwohner, von denen viele an den von europäischen Einwanderern eingeschleppten Krankheiten wie Influenza, Masern und Pocken starben.
Ein weiterer Aspekt ist, dass sich Überträger wie die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), die unter anderem das Dengue-Virus überträgt, als Folge des Klimawandels zunehmend auch in mediterranen und gemäßigteren Klimazonen (beispielsweise Europa) ansiedelt.

https://www.deutschlandfunk.de/pandemien-als-die-pest-die-welt-im-wuergegriff-hielt.1148.de.html?dram:article_id=476219
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2018-08/krankheitserreger-epidemien-kongo-ebola-anfaelligkeit-anthropozaen-ausbruch

„Terra X“ beschäftigt sich in einem Beitrag mit der Geschichte großer Infektionskrankheiten.

„Quarks“ beleuchtet die Entstehung des Coronavirus (SARS-CoV-2) in einem sehenswerten Videobeitrag.

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3. Soziokulturelle Aspekte von Pandemien

Corona-Leugner und Verschwörungstheoretiker sind ein soziokultureller Aspekt der aktuellen Corona-Pandemie, zumindest in der westlichen Welt. Erneut rücken Vorurteile und Rassismus in den Fokus aktueller Debatten. Dies ist kein neues Phänomen. Falschinformationen, Verschwörungstheorien, Vorurteile, Rassismus und teilweise sogar Antisemitismus begleiteten auch AIDS, Pest, Spanische und Asiatische Grippe sowie die Ebola-Epidemie von 2014.

https://www.blz.bayern.de/meldung/antisemitische-verschwoerungstheorien.html
https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/wie-corona-verschwoerungstheorien-im-netz-vorantreibt,S4zpiQi
https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/deutschlandarchiv/310154/debatte-zur-herkunft-der-asiatischen-grippe-1957
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-pandemie-starke-zunahme-von-rassismus-und-diskriminierung-a-f8eea2dd-a4df-45ab-ac6e-d6a4b0c06c4a

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4. Impfstoffe

Die Entdeckung von Impfstoffen sowie deren flächendeckende und wirkungsvolle Einsatzmöglichkeit wird als eine der größten Errungenschaften der modernen Medizin angesehen. Erste wissenschaftliche Versuche an Menschen unternahm der englische Arzt Edward Jenner im Jahre 1796. Er injizierte einem Jungen u.a. Bestandteile eines für Menschen ungefährlichen Kuhpockenvirus und konnte damit eine Immunisierung gegen den Pockenerreger des Menschen erzielen.
Auch heute noch basiert das Prinzip der Impfung darauf, dass dem Körper eine Infektion vorgetäuscht wird, indem Teile oder eine harmlose Variante des Erregers injiziert werden. Der Körper reagiert darauf wie auf eine echte Infektion und leitet eine Immunreaktion ein. An deren Ende steht die Produktion von Antikörpern – einer effektiven und spezifischen Waffe des Körpers. Durch das sogenannte „immunologische Gedächtnis“ erkennt der Körper bei einer echten Infektion den Erreger dann spezifisch und kann die Gefahr frühzeitig und wirkungsvoll bekämpfen.

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/impfungen/schutzimpfungen.html
https://www.bmbf.de/de/das-sollten-sie-ueber-impfstoffe-wissen-12724.html
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/impfen_node.html;jsessionid=5CE52153D178ABE9B3F82793B904C161.internet052
https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/impfen/seit-wann-gibt-es-impfungen-223866

Die Geschichte der Impfungen stellt „Terra X“ in einem Videobeitrag dar.

Harald Lesch befasst sich in einem Beitrag für „Terra X Lesch & Co“ speziell mit dem Corona-Impfstoff, wobei auch seine Haltung zu diesem Thema deutlich wird.

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5. SARS-CoV-2 allgemeine Informationen

Weitere aktuelle Information rund um den Erreger SARS-CoV-2 finden Sie unter anderem auf der Website des Robert-Koch-Instituts und der Weltgesundheitsorganisation.

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6. Unterschiede zwischen Krankheitserregern

Nicht alle Krankheitserreger, die in Fachkreisen auch Pathogene genannte werden, sind gleich. Sie lassen sich grob in Pilze, Bakterien, Viren und Parasiten einteilen. Die Kenntnis der Unterschiede zwischen diesen Gruppen hilft auch dabei, deren Übertragungs- und Verbreitungswege zu verstehen sowie Schutzmaßnahmen und Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Während Bakterien und Viren direkt in den Körper gelangen, verbreiten sich Pilze oder Parasiten meist über Sporen bzw. Eier und Vorstadien. So verschieden die Übertragung und die Erreger sind, so unterschiedlich sind auch die Behandlungsmethoden. Antibiotika sind beispielsweise für die Behandlung von bakteriellen Infektionen wirksam, haben aber keine Wirkung auf Viren und können Pilzinfektionen sogar verstärken.

https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/koerper-wissen/welche-krankheitserreger-gibt-es
https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/der-unterschied-zwischen-bakterien-und-viren/
https://www.infektionsschutz.de/infektionskrankheiten/erregerarten.html
https://www.netdoktor.at/therapie/antibiotika-8732

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7. Podcastempfehlung

Über das Thema Seuchen berichtet außerdem das hr-Inforadio in er Podcastfolge „Crashkurs Seuchen: Wie Krankheiten Gesellschaften verändern.


https://www.hr-inforadio.de/podcast/wissen/crashkurs-seuchen-wie-krankheiten-gesellschaften-veraendern,podcast-episode-69934.html

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Interessierte Hörerinnen und Hörer finden auf dieser Seite weiterführende Informationen zu den einzelnen Sendungsthemen als Zusatzmaterial.

Die taxonomische Einordnung von Tieren in diesem Zusatzmaterial basiert auf der aktuellen Fassung des Integrated Taxonomic Information System (ITIS) mit letztem Zugriff am 16.02.2021.

Die Zusatzmaterialien werden in der Reihenfolge gelistet, in der die Stichworte in der Sendung Erwähnung gefunden haben. Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 16.02.2021 erstellt von:
M.Sc. Biol. Karl Trüller & B.Sc. Biol. Lennart Schulte

Zusatzmaterialien als PDF zum Herunterladen