06 Tiere auf dem Teller

Autorin: Antje Sieb

Ausverkauf beim Kabeljau

Freitags gibt es Fisch! Doch wie lang noch? Mittlerweile bedrohen die Überfischung und ihre Nebenwirkungen (wie Geisternetze oder Bodenzerstörung durch Grundschleppnetze) die Fischbestände und deren natürliche Regeneration. Wir erleben den schrittweisen Entzug einer wichtigen Ernährungsgrundlage. Der Hunger nach Fischfleisch ist prekär, weil sich an ihm zahlreiche ökologische und wirtschaftliche Folgeprobleme aufzeigen lassen. Da sind etwa Bestandseinbrüche bei Tieren, die zum Beifang der Fischer werden, wie etwa die Haie. Dazu kommt das Problem der illegalen Fischerei: Nicht nur, dass sich die Größe der legalen weltweiten Fischereiflotte seit 1950 mehr als verdoppelt hat – nein: Bis zu 14 Millionen Tonnen Fisch werden außerdem pro Jahr aus dem Meer geholt und nicht gemeldet. Das erschwert nicht nur das nachhaltige Nutzen von Fischbeständen massiv.

Wie viel Tier dürfen wir künftig noch essen?

Die Folge nimmt das Schicksal unserer Speisefische zum Anlass, unseren Umgang mit Fleisch zu hinterfragen und ökologischen Managementperspektiven für Speisetierbestände nachzugehen. Wo und wie muss der fortschreitenden Maschinisierung von Speisetieren ein Riegel vorgeschoben werden? Wie können wir uns disziplinieren, beim Kauf von Fisch mehr auf Arten, Herkünfte oder Haltungsmethoden zu achten? Welchen Wert haben dabei MSC-, ASC- und andere Siegel?

Am Ende steht die Frage: Welche Alternativen gibt es zum Tierverzehr? Was müssen sie erfüllen und was bringen sie? Oder müssen wir unser Nahrungsspektrum einfach nur um neue Tierarten erweitern?

Gesprächspartner*innen dieser Folge

  • Prof. Dr. Steffen Augsberg, Rechtswissenschaftler, Justus-Liebig-Universität Gießen
  • Prof. Dr. Sigrid Graumann, Ethikerin, Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe, Bochum
  • Dr. Gerd Kraus, Direktor des Thünen-Instituts für Seefischerei, Bremerhaven
  • Dr. Birgit Rumpold, Ernährungswissenschaftlerin, Technische Universität Berlin
  • Prof. Dr. Peter Stehle, Ernährungswissenschaftler, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
  • Claus Ubl, Medienreferent des Deutschen Fischerei-Verbands, Hamburg
  • Heike Vesper, Leiterin des Fachbereichs Meeresschutz, WWF Deutschland, Hamburg
  • Prof. Dr. Volkmar Wolters, wissenschaftlicher Beirat des Funkkollegs, Tierökologe, Justus-Liebig-Universität Gießen

Folge 6 anhören:

Sendung in hr-iNFO: 30.01.2021, 11:30 Uhr

Zusatzmaterial

  1. Die Welternährungsorganisation
  2. Überfischung der Weltmeere
  3. Rote Liste
  4. Produktsiegel
  5. Aquakultur: Segen oder Fluch?
  6. Algenblüte
  7. Korallensterben

1. Die Welternährungsorganisation

Die Welternährungsorganisation, im Englischen „Food and Agriculture Organization of the United Nations“ (FAO), wurde 1945 als Abteilung der Vereinten Nationen (UN) ins Leben gerufen. Sie kümmert sich seither hauptsächlich um die weltweite Bekämpfung des Hungers. Die FAO versucht, dieses Ziel durch eine faire Regelung der Nahrungsverteilung und durch den Verkauf von nachhaltig und qualitativ hochwertig produzierten Nahrungsmitteln zu erreichen, um jedermann eine gesunde Ernährung zu ermöglichen. Weiterhin sind auch der Schutz der Umwelt und die schonende Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen von Interesse für sie.

http://www.fao.org/home/en/

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2. Überfischung der Weltmeere

Für viele Menschen weltweit, gerade in Entwicklungsländern Afrikas und Asiens, stellt der Fischfang immer noch eine wichtige Lebensgrundlage dar. Jedoch sind mittlerweile mehr als die Hälfte der Fischbestände in den Weltmeeren fast vollständig erschöpft oder stark überfischt. Maßnahmen, wie eine staatliche Fanglizenzvergabe und die Einrichtung von Meeresschutzgebieten, ermöglichen eine langsame Erholung einiger Fischbestände. Auch der massive Zuwachs von Produkten aus marinen Aquakulturen trägt zur Entlastung von Wildbeständen bei. Problematisch sind noch immer fehlende, international einheitliche Regelungen zur kommerziellen Befischung der Weltmeere und ihrem Schutz sowie mangelnde Möglichkeiten und teilweise auch die hapernde Bereitschaft zur Eindämmung des illegalen Fischfangs.

https://www.consilium.europa.eu/de/policies/eu-fish-stocks/international-agreements-on-fisheries/#
https://www.bfn.de/themen/meeresnaturschutz/belastungen-im-meer/fischerei/fischereimanagement.html
https://www.greenfacts.org/de/fischerei/index.htm

Die Tagesschau beschäftigt sich ebenfalls in einem Beitrag mit dem Thema.

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3. Rote Liste

Informationen zur Roten Liste sind im Zusatzmaterial zur dritten Folge zu finden.

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4. Produktsiegel

Produktsiegel sollen für Transparenz in der Lebensmittelerzeugung sorgen und Verbraucher*innen anzeigen, dass bestimmte Lebensmittel nach festgelegten Gütekriterien erzeugt wurden. Dadurch soll ein bewusstes Einkaufen ermöglicht werden. Weitere Informationen zur Aussagekraft einzelner Produktsiegel finden sie unter dem nachfolgenden Link oder auf der Website der jeweiligen Prüfinstitution.

https://www.bbx.de/lebensmittelsiegel/

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5. Aquakultur: Segen oder Fluch?

Der Begriff „Aquakultur“ beschreibt die Kultivierung von Wasserbewohnern. Meist sind dies Meereslebewesen wie Muscheln, Krebstiere oder Fische. Seit den 1970er-Jahren erlebt dieser Wirtschaftszweig ein starkes Wachstum und erzeugt inzwischen fast die Hälfte des weltweit konsumierten Speisefisches. Obwohl sie eine Alternative zu Produkten aus Wildbeständen sind, stellen Aquakulturen in vielen Fällen eine Belastung für die Tiere und die Umwelt dar.

Je nach Tierart, Kulturbedingungen und dem Standort der Aquakulturen sind diese Belastungen unterschiedlich. Jungtiere und die Nahrung für die kultivierten Tiere werden teilweise aus Wildbeständen beschafft. Abwässer, verwendete Antibiotika sowie standortfremde Arten können aus den Aquakulturen in die Umwelt gelangen. Hinzu kommen häufig Faktoren wie eine mangelnde Wasserqualität, zu wenig Platz für die kultivierten Tiere und ein erhöhtes Risiko, dass sich Krankheiten schnell ausbreiten. Zudem werden für die Anlage der Aquakulturen teilweise natürliche Lebensräume in Küstennähe zerstört, wie beispielsweise Mangrovenwälder für die Garnelenzucht.

Produkte aus Aquakulturen mit nachhaltigen sowie tier- und umweltschonenden Konzepten sind für die Verbraucher nicht leicht zu erkennen, da keine einheitliche Kennzeichnung vorliegt.

https://albert-schweitzer-stiftung.de/meerestiere/fische-aquakultur
https://www.bfn.de/themen/meeresnaturschutz/belastungen-im-meer/marine-aquakultur.html
https://www.spektrum.de/magazin/umweltschonende-garnelenzucht/824721

Nachfolgend ein sehenswerter Beitrag von „Quarks“ zu diesem Thema.

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6. Algenblüte

Unter einer Algenblüte versteht man die starke Vermehrung von meist mikroskopisch kleinen Algen, wodurch in den lichtdurchfluteten Bereichen von Gewässern ein sogenannter Algenteppich entstehen kann. Normalerweise beginnt dieser Vorgang in nährstoffreichen Gewässern während den warmen Monaten und endet mit dem Absterben der Algen, wenn sich deren Wachstumsbedingungen maßgeblich verschlechtern.

Neben ihrer Funktion als Sauerstoffproduzenten sind Algen oftmals die Grundlage ganzer Nahrungsnetze und somit unersetzlich für aquatische Gemeinschaften. Die explosionsartige Vermehrung und die resultierende hohe Algendichte haben jedoch vielfältige, teilweise schwerwiegende Folgen für andere Lebewesen in der Umgebung. Schlimmstenfalls können diese an der mit der Zersetzung der abgestorbenen Algen verbundenen Sauerstoffzehrung sowie der Freisetzung von Faulgasen sterben. Aufgrund steigender Durchschnittstemperaturen und eines erhöhten Nährstoffeintrags (beispielsweise aus der Landwirtschaft) kommen Algenblüten immer öfter und teilweise großflächiger vor. Betroffen sind hierbei vor allem Seen und Flüsse, jedoch auch nährstoffreichere Meeresgebiete, etwa nahe den Polen oder in den Küstengebieten der Nord- und Ostsee.

https://www.sueddeutsche.de/wissen/algenbluete-klimawandel-verfaerbt-golf-von-oman-gruen-1.3438613
https://www.sueddeutsche.de/wissen/algen-vermehren-sich-explosionsartig-in-seen-1.4641820
https://www.deutschlandfunk.de/algenbluete-uebermaessiges-algenwachstum-in-gewaessern.676.de.html?dram:article_id=461141

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7. Korallensterben

Seit den 1980er-Jahren beobachten und untersuchen Wissenschaftler das Erbleichen und Sterben ganzer Korallenriffe. Die gewonnenen Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass sowohl die Auswirkungen des Klimawandels als auch der von Menschen verursachte, erhöhte Nährstoffeintrag in die Meere dieses Sterben vorantreiben. Korallen gehen häufig eine zweiseitig vorteilhafte Gemeinschaft, eine sogenannte Symbiose, mit einzelligen Algen ein. Steigende Wassertemperaturen, eine Versauerung der Meere und ein erhöhter Nährstoffeintrag führen bei diesen Algen zu einer Stressreaktion, die mit der Freisetzung von giftigen Substanzen verbunden ist. In der Folge werden beispielsweise die Algen abgestoßen, wodurch das Überleben ganzer Korallenriffe gefährdet wird.

Unter dem Korallensterben leiden auch viele andere Meeresbewohner. Für viele Fische etwa stellen Riffe einen sicheren Lebensraum dar und bieten ihnen sowohl eine vor Großräubern geschützte Kinderstube als auch ein einzigartiges Nahrungsangebot.
Aktuell sind mehr als 50% der Korallenriffe weltweit gefährdet oder bereits abgestorben.

https://www.haz.de/Nachrichten/Wissen/Uebersicht/Bedrohte-Riffe-Klimawandel-verursacht-Korallensterben
https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/korallensterben/37068
https://www.geo.de/natur/oekologie/10982-bstr-hitzetod-im-riff/154968-img-korallenbleiche
https://www.mpg.de/5810175/korallensterben_kettenreaktion

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Interessierte Hörerinnen und Hörer finden auf dieser Seite weiterführende Informationen zu den einzelnen Sendungsthemen als Zusatzmaterial.

Die Zusatzmaterialien werden in der Reihenfolge gelistet, in der die Stichworte in der Sendung Erwähnung gefunden haben. Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 27.01.2021 erstellt von:
M.Sc. Biol. Karl Trüller & B.Sc. Biol. Lennart Schulte

Zusatzmaterialien als PDF zum Herunterladen