07 Tiere und ihr Ruf

Autor: Thorsten Schweinhardt

Stolzer Adler, dumme Kuh

Vielen Tieren sagt der Mensch bestimmte Eigenschaften nach. Einiges davon trifft mit Sicherheit zu. So ist die Vermehrungsrate bei Kaninchen nachgewiesenermaßen hoch. Als Symboltiere der Fruchtbarkeit bieten sie sich also geradezu an. Andere Tiere wurden jedoch falsch und zu Unrecht „schubladisiert“. Kühe etwa sind keinesfalls dumm.

Doch wie kamen die Tiere zu ihrem mal korrekten, mal irreführenden Leumund? Woher kommen Namen wie „Isegrim“ für den Wolf oder „Meister Lampe“ für den Hasen? Wie und aufgrund welcher Eigenschaften haben Tiere Musik, Literatur, Malerei und andere Bereiche unseres Lebens beeinflusst – und tun dies immer noch?

Tiere in Märchen und Religion

Eine große Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch die Tiersymbolik – in den Religionen und in der Kulturgeschichte weltweit. Werden auch heute noch Tiere zu Symbolen? Warum sind manche Arten „symbolträchtiger“ als andere, man denke nur an Schlangen, Tauben oder Löwen? In diese Menagerie der Symboltiere reihen sich auch Fabelwesen ein, Drachen, Werwölfe oder Einhörner etwa, die in der Natur nie gesehen wurden. Wie kamen sie dorthin?

Aus den Perspektiven von Mythologie, Psychologie und Kulturgeschichte nähert sich diese Funkkolleg-Folge den verschiedenen Facetten der Tiersymbolik. Beim Suchen nach Antworten rücken dabei zwei Bereiche besonders ins Visier: die Tierwelt der Grimmschen Märchen und das Tier in der Bibel und in den Überlieferungen anderer Weltreligionen.

Folge 7 anhören:

Sendung in hr-iNFO: 06.02.2021, 11:30 Uhr

Gesprächspartner*innen dieser Folge

  • Dr. Wolfgang Bauer, Psychologe, Volkskundler und Symbolforscher, Frankfurt am Main
  • Prof. Dr. Roland Borgards, Literaturwissenschaftler (Schwerpunkt: Cultural Animal Studies), Goethe-Universität Frankfurt am Main
  • Dr. Rainer Hagencord, Direktor des Instituts für Theologische Zoologie, Münster
  • Prof. Dr. Ute Neumann-Gorsolke, Bibelwissenschaftlerin, Europa-Universität Flensburg

Zusatzmaterial

  1. Höhlenmalerei
  2. Mythos um das Einhorn
  3. Intelligenz von Kühen
  4. Die fleißige Ameise
  5. Tierwelt als „Sphäre des Teufels“
  6. Übertragung von Eigenschaften

1. Höhlenmalerei

Unter dem Begriff „Höhlenmalerei“ versteht man Zeichnungen, mit denen sich unsere Vorfahren auf Höhlenwänden verewigten. Meist sind Menschen oder Tiere dargestellt, als Farben dienten beispielsweise Kohle, Gips oder Ocker. Um herauszufinden, wie alt Höhlenmalereien sind, werden verschiedene Techniken eingesetzt. Sie reichen von der Stilanalyse bis zur Radiokarbonmethode, bei der der Zerfall des radioaktiven Kohlenstoffisotops C14 für die Datierung genutzt wird.
Isotope sind Varianten eines Elements (in diesem Fall Kohlenstoff, chemisch: C), die sich nur in der Zusammensetzung ihrer Kerne, genauer der Anzahl von Neutronen, voneinander unterscheiden.
Bis vor kurzem ging man davon aus, dass allein der moderne Mensch (Homo sapiens) dazu fähig gewesen wäre, diese Form der Kunst zu erschaffen. Die weltweit ältesten bekannten Höhlenmalereien stammen aus der Zeit etwa 40.000 Jahre BP („before present“ = 40.000 Jahre vor 1950).

https://www.biologie-seite.de/Biologie/H%c3%b6hlenmalerei
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/aelteste-malerei-der-menschheit-auf-der-indonesischen-insel-sulawesi-17146430.html
https://www.chemie.de/lexikon/Before_Present.html

Allerdings fanden Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Zusammenarbeit mit Kollegen aus anderen Ländern heraus, dass manche der europäischen Höhlenmalereien älter sein müssen. Für die in Spanien gefundenen Kunstwerke wird ein Alter zwischen 60.000 und 115.000 Jahren angenommen. Das legt die neue und sehr genaue Uran-Thorium-Methode nahe, die auf dem radioaktiven Zerfall von Uran-Isotopen beruht. Die Malereien sind damit mindestens 20.000 Jahre älter als die frühesten Spuren des Homo sapiens in Europa. Sie sind vermutlich auf den Neandertaler (Homo neanderthalensis) zurückzuführen und werfen ein neues Licht auf die Intelligenz dieses Hominiden.

https://www.mpg.de/11947682/neandertaler-hoehlenmalerei

Die Sendung „Quarks“ beschäftigt sich in einem Videobeitrag mit diesem Thema.

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2. Mythos um das Einhorn

Das Einhorn ist ein auch heute noch sehr bekanntes und beliebtes Fabelwesen. In den vergangenen Jahren ist ein regelrechter Einhorn-Trend zu beobachten. Mit dem Ursprung des Mythos um das Einhorn befasst sich „Terra X“ im nachfolgenden Videobeitrag.

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3. Intelligenz von Kühen

Einige Studien (in der nachfolgend verlinkten Quelle zu finden) haben sich mit dem Thema der Intelligenz von Kühen beschäftigt und versucht, diese durch verschiedene Fragestellungen besser zu verstehen. Die Ergebnisse zeigen, dass Kühe ein gutes Gedächtnis besitzen sowie lernen und Probleme lösen können. Außerdem empfinden Kühe Gefühle wie Angst oder Frustration und haben eine starke emotionale Bindung zu ihren Kälbern.

https://vegfaqs.com/how-intelligent-is-a-cow/

Manche dieser Studien werden allerdings mit dem Argument kritisiert, sie würden das Verhalten der Kühe übermäßig interpretieren und die Tiere vermenschlichen.

https://www.newsweek.com/cow-cattle-animal-intelligence-science-personalities-emotion-697979

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4. Die fleißige Ameise

Die entfernt mit den Bienen verwandten Ameisen (Formicidae) gehören zu den staatenbildenden Insekten. Sie leben meist in großen Gemeinschaften zusammen, es gibt aber auch Arten, deren Staaten nur aus recht wenigen Individuen bestehen. Innerhalb dieser Ameisenstaaten gibt es eine klare Aufgabenteilung. Die Königin legt die Eier, die Männchen fliegen im Sommer aus, um junge Königinnen zu begatten, und die Arbeiterinnen kümmern sich um das Funktionieren des Staates. Die Königin „regiert“ jedoch nicht, sondern als Mutter aller Ameisen des Staates ist sie fast ausschließlich mit der Eiablage beschäftigt.
Die Arbeiterinnen kommunizieren miteinander durch Verhaltensweisen und Düfte, sogenannte Pheromone. Beispielsweise hinterlassen Sammlerameisen Duftspuren, wenn sie von einer Nahrungsquelle kommen und verteilen „Kostproben“ davon. Der Duftspur können dann weitere Ameisen folgen und auf dem Weg wiederum Duft versprühen. Je stärker der Duft ist, desto beachtenswerter ist die Nahrungsquelle und desto mehr Ameisen werden ihm folgen.

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/organisation-von-ameisen-kolonien-junge-pfleger-alte-sammler-a-895173.html
https://www.br.de/wissen/ameisen-insekten-ameisenstaat-100.html

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5. Tierwelt als „Sphäre des Teufels“

In der christlichen Religion finden sich Tiere immer wieder im Zusammenhang mit dem Teufel oder anderen bösen Mächten. In der Bibel spielen in diesem Kontext sowohl das Seeungeheuer Leviathan als auch sein landlebendes Gegenstück Behemoth eine Rolle. Ihre Namen können aus dem Hebräischen mit „der Drache“ oder „der Gewundene“ für den Leviathan und „riesiges Tier“ oder „Ungetüm“ für den Behemoth übersetzt werden.
Schon hier wird die Instrumentalisierung der Tierwelt zur Darstellung des Bösen deutlich: Beschreibungen dieser beiden in der Bibel weisen Ähnlichkeiten mit Tieren wie Krokodil, Nilpferd, Schlange, Kater oder Elefant auf. Manche Texte ziehen sogar direkte Parallelen zwischen bösen Mächten wie dem Leviathan, bestimmten Tieren und dem Teufel.

„und er [Gott] griff den Drachen, die alte Schlange, das ist der Teufel und der Satan […]“

Die Bibel: Offenbarung 20, 2

Schon in der Schöpfungsgeschichte ist es ein Tier, die Schlange, die Eva in Versuchung führt.
Auch Darstellungen von Dämonen und Hexenwesen in den Kirchen ähneln Tieren. Sie haben Fledermausflügel, Ziegenköpfe, scharfe Krallen oder den Körper eines Schweines.

https://www.sonntagsblatt.de/artikel/glaube/leviathan-und-behemoth-das-boese-der-bibel
https://www.erzdioezese-wien.at/site/glaubenfeiern/christ/unserglaube/glaubenswissen/article/53699.html
https://www.deutschlandfunk.de/von-boesen-maechten-was-von-daemonen-uebrig-blieb.2540.de.html?dram%3Aarticle_id=477698

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6. Übertragung von Eigenschaften

Ob als Markensymbol, Teil einer Werbekampagne oder als Star diverser Internetplattformen – Tiere spielen in der Werbung und in den Medien eine große Rolle. Dabei ist es nicht entscheidend, ob zum Beispiel ein direkter Bezug zu einem beworbenen Produkt besteht, etwa weil es von einem Tier stammt oder für Tiere gedacht ist. Ausschlaggebend ist hier vielmehr die Verknüpfung positiver Emotionen gegenüber den Tieren mit dem zu bewerbenden Produkt. Dabei nutzt man sowohl die mit den Tieren assoziierten Eigenschaften (wie der „schlaue“ Fuchs), als auch deren Bekanntheit. Letzteres ist besonders deutlich, wenn virtuelle Trendwesen wie „Grumpy Cat“ oder das Einhorn werbetauglich eingesetzt werden. Bei dem sogenannten „Cute“-Marketing oder den „Petfluencern“ stehen Tiere, die dem Kindchenschema entsprechen, im Mittelpunkt.

Kritisiert wird, dass oftmals das Tierwohl vernachlässigt wird, wenn Tiere medial präsentiert werden. Tierschützer fordern rechtlichen Schutz für Tiere im Einsatz bei Dreharbeiten, aber auch eine würdevolle und realitätsnahe Darstellung der Tiere.

https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/werbepsychologie/16750
https://www.wissenschaft.de/gesellschaft-psychologie/werbung-und-manipulation/
https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/uebertragung/15909
https://www.onlineprinters.de/magazin/tierisches-marketing/
https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.tiere-in-werbespots-wenn-waldi-fuer-das-neue-auto-wirbt.e44740d4-9f05-4d32-a04d-381c407c2e53.html

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Interessierte Hörerinnen und Hörer finden auf dieser Seite weiterführende Informationen zu den einzelnen Sendungsthemen als Zusatzmaterial.

Die taxonomische Einordnung von Tieren in diesem Zusatzmaterial basiert auf der aktuellen Fassung des Tree of Life Web Project (tolweb) mit letztem Zugriff am 02.02.2021.

Die Zusatzmaterialien werden in der Reihenfolge gelistet, in der die Stichworte in der Sendung Erwähnung gefunden haben. Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 02.02.2021 erstellt von:
M.Sc. Biol. Karl Trüller & B.Sc. Biol. Lennart Schulte

Zusatzmaterialien als PDF zum Herunterladen